Das Wahlprogramm der Grünen zur Kommunalwahl 2020

Heute das Morgen gestalten – Für ein Grünes Wassenberg –

Es geht uns gut. Aber wir leben auf dünnem Eis und auf Kosten der nächsten Generationen. Nationale und globale Probleme nehmen zu und damit auch lokale. Das veränderte Klima macht vor unseren Haustüren nicht Halt. Rassismus passiert auch in nächster Umgebung. Existenzen gehen vor unseren Augen in die Knie. Jeder einzelne ist gefordert, einen Beitrag zu leisten, damit es uns weiterhin gut geht. Aber wie? Wir Grüne in Wassenberg sehen einen Schlüssel zum Erfolg in einer größeren Bürgerbeteiligung in den verschiedensten politischen Handlungsfeldern. Wir möchten das enorm gestiegene Interesse an Politik aufgreifen und gemeinsam mit Ihnen nach Wegen suchen, wie Sie sich besser beteiligen können, damit in Wassenberg nicht nur die gut informierte Verwaltung, sondern ebenso gut informierte Bürger*innen und ihre Vertreter*innen Takt und Richtung in demokratischen Verfahren vorgeben. Das halten wir für zukunftsweisend. Ökologische, soziale und ökonomische Interessen müssen immer wieder neu ausbalanciert werden – und das gelingt am besten, wenn Meinungsvielfalt nicht nur toleriert, sondern ausdrücklich erwünscht ist.

Für dieses übergeordnete Ziel stehen wir Grüne bei der Kommunalwahl am 13. September 2020.

 


 

Unsere Ziele im Einzelnen lassen sich in die drei Hauptrichtungen Ökologie, Ökonomie und Soziales ausdifferenzieren:

Ökologie heute für morgen gestalten

Wochenlange Trockenheit, Waldbrände, Unwetter, Starkregen, Hitze – auch Wassenberg bleibt davon nicht verschont. Die Auswirkungen des Klimawandels auf unser Leben, unsere Gesundheit und unsere Natur waren in den vergangenen Wochen und Monaten mit Händen zu greifen. Hier fühlen wir GRÜNE uns am stärksten herausgefordert. Klimaschutz ist für uns wichtiger Teil unserer DNA. Darum wollen wir in den Handlungsfeldern Energie, Mobilität, Wohnen und Umwelt so schnell und so nachhaltig wie möglich Weichen stellen.

Energie

Unser Ziel ist es, Wassenberg bis 2035 klimaneutral zu machen. Dazu wollen wir ein Klimaschutzbewusstsein in allen Gesellschaftsbereichen verankern, einen politischen Beschluss zur Klimaneutralität herbeiführen, kommunale Akteure einbeziehen, ein integriertes Klimaschutzkonzept und einen Aktionsplan erarbeiten, Finanzierung, Auswahl und Umsetzung geeigneter Maßnahmen mit möglichst breiter Beteiligung beraten und Evaluations- und Rückkopplungsprozesse einbeziehen. Wir wollen bis zu 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien (Solar-, Wind-, Geothermie u.a.) erzeugen an Standorten, an denen dies möglich und sinnvoll ist.
Außerdem werden wir mit Ihnen gemeinsam eine drastische Reduzierung des Energieverbrauchs herbeiführen, z.B. durch effizientes Heizen UND wirksame Hausisolierung.

Mobilität

Die Umgebung von Wassenberg wirkt wie ein Paradies für den touristischen Radverkehr. Aber wie sieht es innerstädtisch aus? Dort werden die Radfahrer*innen gegenüber dem motorisierten Verkehr leider noch immer vernachlässigt. Ein Flickenteppich aus Radstreifen, Radwegen und ungesicherten Querungen verhindert eine gleichberechtigte Teilhabe am Straßenverkehr. Das innerstädtische Radwegenetz lässt es bisher noch nicht zu, die Wege zum Einkaufen, zur Arbeit, zur Schule, zum Arzt oder zu Veranstaltungen wirklich sicher zurückzulegen. Dabei ist ein Anstieg des Radverkehrs schon jetzt zu beobachten, ebenso wie ein Anstieg der Unfallzahlen.

Wir GRÜNE werden das ‚funktionale‘ Radwegnetz der Stadt weiter gestalten und ausbauen, ebenso wie das touristische. Ein Blick auf das niederländische Radwegenetz mit Beschattungen, Randstreifen, und Müllentsorgungsmöglichkeiten lässt schon erahnen, wie schön Radfahren in und um Wassenberg dann sein wird. Durch Verknüpfung des innerstädtischen mit dem touristischen Radwegenetz ergeben sich wirtschaftlich positive Effekte und die Möglichkeit, Förderprogramme zu nutzen.

#Zum Ausbau einer Fahrrad-Infrastruktur gehört unter anderem die Einrichtung ausreichender und sicherer Fahrradstellplätze an touristischen Hotspots und an den Mobilitätsstationen, die wir GRÜNE schon seit Längerem fordern.

Der ländliche ÖPNV muss neu gedacht werden – damit umweltfreundliche Fortbewegung auch noch nach 18 Uhr möglich ist! Ergänzend zum Multibus ist für einige Außenorte – wie z.B. Effeld oder Ophoven – ein Bürgerbus (Stadtmobil) sinnvoll, der regelmäßig – v.a. abends und an Sonn- und Feiertagen – eine innerstädtische Linie bedient. Darüber hinaus verhelfen Mobilitätsstationen, an denen verschiedene Fahr-Angebote (Schnellbus, Bürgerbus, Anrufsammeltaxi, Carsharing etc.) verknüpft werden können, zu mehr Unabhängigkeit vom umweltbelastenden Individualverkehr. Auch sogenannte „Mitfahrerbänke“, wie sie in vielen Orten bereits zu sehen sind, können ein Teil der Lösung sein.

Wohnen und Arbeiten

Umweltfreundlicher Wohnraum muss für alle, d.h. große wie kleine Geldbeutel – leistbar sein: Insbesondere im Sozial- und Seniorenwohnungsbau – aber nicht nur dort – wollen wir GRÜNE daher zur Anwendung verbesserter Standards und entsprechende Festsetzungen im städtischen Bebauungsplan beitragen. So könnte man zum Beispiel Miethaus-Fassaden mit Holz verkleiden und begrünen. Die dadurch entstehenden Fassaden-Teppiche, isolieren die Gebäude nicht nur kostenreduzierend, sondern fügen sich auch wohltuend in die Umgebung ein. Bei Sanierungen und Modernisierungen im Sozialwohnungsbau bzw. in städtischen Unterbringungseinrichtungen sollten darüber hinaus möglichst natürliche, umwelt- und gesundheitsschonende Materialien verwendet werden, wie z.B. Lehm und Holz. Neubauten sollten ohne Photovoltaikanlagen gar nicht mehr zugelassen werden.

Mit Sorge beobachten wir zurzeit das immer weitere Ausufern von Baugebieten in ökologisch sensible Randlagen bei gleichzeitigem Verfall von Wohnungen in der Innenstadt. „Jung nutzt Alt“ sollte hier die Devise sein, denn unsere Stadt hat sich in den letzten Jahren durch Zuwachs vor allem junger Bürger*innen stark verändert. Da das Stadtzentrum durch die Umgehung spürbar entlastet worden ist, steigt die Wohnqualität dort wieder, so dass Altbaunutzung deutlich mehr Sinn macht. Gegen den sinnlos gewordenen „Donut-Effekt“ werden wir GRÜNE uns im Stadtrat einsetzen.

Wohnqualität im Zentrum bedeutet auch Nahversorgung um die Ecke, und zwar mit regionalen, nachhaltigen Produkten. Viele kleine Geschäfte in der Innenstadt haben sich in der Vergangenheit dem Trend zum vermeintlich günstigeren Supermarkt-Kauf gebeugt und ihre Pforten geschlossen. Mit den kleinen Geschäften ist auch das Gemeinschaftserlebnis im Zentrum verloren gegangen. Daher wollen wir Grüne die Innenstadtbelebung weiter vorantreiben, nicht nur mit Blick auf Tourismus durch Kunst, Kultur und Genuss, sondern auch für die Anwohner*innen selbst durch fußläufig erreichbare Nahversorgungszentren.

Wohnen und Arbeiten sollten aus ökologischen Gründen möglichst nahe beieinander liegen. Daher halten wir Gewerbeförderung und -ansiedlungen für sinnvoll, gerade in den Corona-Zeiten. Es sollte aber möglichst wenig Fläche für Gewerbe verbraucht werden, das kein entsprechendes Arbeitsplatzangebot bereithält. Wir setzen uns ein für nachhaltige und innovative Arbeitsplätze. Dazu gehören Firmen und Handwerksbetriebe, die im Bereich der regenerativen Energien tätig sind und auf einen nachhaltigen Konsum sowie soziale und technische Innovationen setzen. Darüber hinaus sollten bei zunehmendem Home-Office-Trend Unter-nehmen und Gebäudeanbieter gefördert werden, die durch entsprechende technische Infrastruktur ein Arbeiten am Wohnort für Betriebe weiter außerhalb ermöglichen (sogenannte Co-Working-Spaces).

Umwelt

Wir GRÜNE in Wassenberg kümmern uns konsequent um den Schutz von Natur und Umwelt in unserer Niederrhein-Region. Deshalb haben wir eine*n Klimamanager*in gefordert, die/der lokal und regional vernetzt agiert und nachhaltige Problemlösungen in umweltrelevanten Handlungsfeldern anbietet. Erholungsräume für Menschen und Lebensräume für Tiere stehen für uns gleichberechtigt nebeneinander. Sanfter Tourismus ist dem Massentourismus vorzuziehen. Industrieanlagen in Wald und Auen (z.B. Windparks oder Vergnügungsparks) sehen wir grundsätzlich mit großer Sorge. Wir wissen aber auch, dass es manchmal notwendig ist Kompromisse im Interesse von langfristigen ökologischen (z.B. Erreichen der Pariser Klimaziele) oder ökonomischen (generationengerechter Haushalt) Zielen einzugehen. Doch mit uns werden diese Kompromisse hart errungen werden müssen, dazu fühlen wir uns auch den direkt Betroffenen gegenüber verpflichtet. Noch sind Auen und Wald ein Aushängeschild für unsere Kommune. Sie sollten geschützt werden und nicht weiteren Baugebieten zum Opfer fallen. Ihre Artenvielfalt sollte nicht nur erhalten, sondern weiterentwickelt werden. Mit einer konsequenten Aufforstung können wir weitere natürliche CO²-Speicher schaffen. Der Waldbrand im Frühjahr auf niederländischer Seite hat eindringlich gezeigt, wie bedroht die Natur ist.

Auch Wassenbergs Vorgärten könnten einen größeren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Sie lassen leider mehr und mehr den Trend zur Schnelllebigkeit erkennen, werden mit Schotter aufgefüllt und künstlichem Dekor versehen. Dabei wird wertvoller Lebensraum für Insekten und andere Kleinlebewesen zerstört, ein wertvoller Beitrag zum Mikroklima unterlassen. Nur scheinbar machen aber Kiesgärten weniger Arbeit. Es gibt inzwischen eine große Vielfalt an Sträuchern und Bodendeckern, die in der Regel nur ein- bis zweimal jährlich etwas Pflege benötigen.

Ökologische Parkraumbewirtschaftung heißt für uns GRÜNE auch den Einsatz von Bäumen, die Schatten spenden, selbst, wenn dabei die ein oder andere Parklücke entfallen müsste. Ziel der GRUENEN in Wassenberg ist es, sowohl das Beratungsangebot als auch Öffentlichkeitskampagnen deutlich zu verstärken, um die Artenvielfalt und den Naturschutz in Wassenberg effektiv zu managen sowie ökologisch sinnvolle und nachhaltige Alternativen zu Stein-, Schotter-, Kunst- und Deko-Vorgärten zu fördern. Während die Artenvielfalt zurückgeht, steigen bei uns die Müllberge. Sie entstehen, weil beim Einkauf nicht genügend auf überflüssige Verpackung oder auf Reparierbarkeit von Ware geachtet wird. Müllberge entstehen auch, weil man sich an der Müllentsorgung nicht finanziell beteiligen kann oder will. Daher fordern wir GRÜNE in Wassenberg ausreichend Müllkörbe in den öffentlichen Parks, Stadtwäldern, entlang von Radwegen oder auch viel begangenen Innenstadtstraßen. Darüber hinaus können ehrenamtlich geführte Repair-Cafés oder Verbraucherberatungs-Aktionen helfen, den Müll bereits an der Quelle zu reduzieren.

Soziales heute für morgen gestalten

Wassenberg ist eine aufstrebende ländliche Kleinstadt. Seit den Siebzigern ist Wassenberg um fast 50 Prozent gewachsen von damals 12.000 auf heute 19.200 Einwohner*innen. Deshalb werden wir GRÜNE uns in Wassenberg verstärkt für die Förderung der jungen Generation einsetzen: Kitaplätze für jedes Kind, attraktive Spiel- und Freizeit-Plätze, geeignete Ausstattung sowie ein Konzept für digitales Lernen in der Schule und zu Hause sowie ein Jugendparlament oder alternativ ein Jugend-Projektausschuss, weil Mitbestimmung nicht früh genug gelernt werden kann. Denn nicht nur die Fridays-for-future-Bewegung zeigt, dass den jungen Leuten nicht alles egal ist.

Wir wollen eine inklusive Gemeinde, das heißt, es soll weniger Barrieren geben z.B. beim Betreten von Gebäuden oder beim Lesen von Internetseiten.

In Wassenberg soll es ein Kultur-Haus für alle Menschen geben mit Räumen, in denen man Musik machen, Klein-Kunst zeigen oder Workshops durchführen kann. Wir wollen, dass Jung und Alt sich zum Reparieren im Repaircafé oder einfach zum Klönen im Stadtteil-Laden treffen können.

Damit wirklich alle teilhaben und städtische Angebote nutzen können – jung, alt, begütert oder nicht – wollen wir GRÜNE in Wassenberg einen Sozialpass einführen. Darüber hinaus fordern wir einen Bürgerwegweiser oder Kümmerer, d.h. eine erste Anlaufstelle für Bürger in Not- oder Krisensituationen. Jeder soll vor Ort schnelle Hilfe bekommen oder weitervermittelt werden, egal, ob es um Beratungsstellen, Erziehungshilfe oder Weiterbildung geht.

„Bürger(selbst)hilfe“ und „Bürgerbeteiligung“ wollen wir insgesamt mehr in den Mittelpunkt politischen Handelns rücken durch Gesprächs- und Bürgerforen zu wichtigen Themen der Stadtentwicklung, durch parlamentarische Beteiligung (Jugendparlament, Bürgerfragestunde) oder auch durch Wertschätzungsaktionen für Ehrenamtler. Auch die Homepage der Stadt soll mehr interaktive Möglichkeiten bieten, um brach liegende Wissenspotentiale aus der Bürgerschaft zu nutzen oder Engagement zu steuern. In anderen Städten gibt es ihn schon: den interaktiven digitalen Stadtplan, in den die Bürger Verbesserungsvorschläge – wie z.B. Radwege-Optimierung – einpflegen können.

Ökonomie heute für morgen gestalten

Eine grüne Ökonomie (im Fachjargon: green economy) liegt im Trend. Bedingt durch den Klimawandel wird das Merkmal Nachhaltigkeit mehr und mehr zum Konsumkriterium. Auch die Unternehmen sind zunehmend darum bemüht, ihre betrieblichen Abläufe, Produkte und Dienstleistungen „grün“ zu gestalten. Außerdem ist der Entwicklungs- bzw. Konkurrenzdruck in diesem Bereich enorm gestiegen, so dass mehr und mehr Firmen mit umweltfreundlichen, alternativen bzw. innovativen Produkten entstehen, sogenannte „green start ups“. Gerade diese Unternehmen brauchen Standorte, die ihren ökonomischen Anforderungen und ihrem ökologischen Selbstverständnis entsprechen. Dazu bedarf es – harter wie weicher – infrastruktureller Voraussetzungen. Die Stadt Wassenberg sollte es zu ihrem Markenzeichen machen, solchen Unternehmensgründern eine Plattform zu bieten.

Die Stadt Wassenberg selbst hat zwar einen gesunden Haushalt, vernachlässigt aber nach Auffassung von uns GRÜNEN dringend notwendige soziale und ökologische Korrekturen. Daher setzen wir GRÜNE uns in Wassenberg dafür ein, auch in diesem Bereich langfristig eine stärkere Beteiligung der Bürger*innen zu erreichen, z.B. in einem Bürgerhaushalt. Hier gestaltet die Bevölkerung Haushaltspläne strategisch mit. Prioritäten werden u.U. neu gesetzt. Neue Ideen entstehen. Bei der Konsolidierung verbessern sich die Chancen, Maßnahmen zur Entschuldung (gemeinverträglich) umzusetzen, kostenträchtige Konflikte können so im Vorfeld vermieden werden. Die Mindestvoraussetzung besteht allerdings darin, dass die Öffentlichkeit explizit und gut sichtbar aufgefordert wird, Vorschläge über verschiedenste Kanäle einzureichen. Einen Haushaltsplan ins Netz zu stellen, reicht da nicht aus, selbst wenn er anschaulicher und verständlicher gemacht wird.

Sollte der Bürgerhaushalt sich als nicht praktikabel oder mehrheitsfähig zeigen, werden die GRÜNEN in Wassenberg sich für ein Bürgerbudget stark machen. Hierbei wird ein fester Geldbetrag für gute Bürgerideen bereitgestellt. Die Mittel werden in einem transparenten Verfahren verteilt. Personen, Vereine und Initiativen können sich bewerben. Denkbar für Wassenberg wäre z.B. neben dem Heimatpreis auch ein Umweltpreis für besonders gute Ideen im Bereich Nachhaltigkeit.

OV Bündnis 90/Die Grünen im Jahr 2020

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